Wie ich drauf gekommen bin

Auf welchen Lernerfahrungen beruht nun diese auf den ersten Blick sehr spezielle Betrachtungsweise? Ich erlaube mir, Ihnen liebe LeserInnen, meine persönliche Lernkurve, die mich zum Dreierdenken gebracht hat, kurz vorzustellen. Sie dauerte mindestens ein halbes Leben, und nein, sie ist beileibe nicht zu Ende. Es sind, nun gut, vereinfacht drei große Blöcke: 1. Jugendzeit und Ausbildung, 2. Geschäftsführung und Consulting, 3. Eigene Familie und andere Kulturen. Das ist mein Leben, mehr war nicht, jetzt wissens Sie ́s!



Jugendzeit und Ausbildung

Der erste Block war zunächst geprägt von meiner recht einfachen Herkunft in der nicht einfachen Nachkriegszeit, aber auch von dem Humanistischen Gymnasium St. Stephan in Augsburg mit seinem Schwerpunkt auf den alten Sprachen Griechisch und Latein, und nicht zuletzt von meinem hoch verehrten Deutschlehrer Horst Weinold. Spätestens im Studium an der LMU München (mit Vorlesungen in Germanistik, BWL und Jura) wehte dann der Geist der 68er, und der war (kein Wind sondern) ein Sturm gegen alles Überkommene, Autoritäre und Repressive. Diesbezüglich gibt es bei mir bis heute kaum Nachholbedarf. Ich erinnere mich noch sehr genau an meine Hausarbeit in der Abiturklasse beim Projekttag Familie zum Thema „Die Destruktion des Patriarchats“.

Zur Jugendrevolte gehörte vor allem auch der (ebenso berechtigte wie wohlfeile) Vorwurf an die Elterngeneration, nichts gegen das Nazi-Regime unternommen zu haben. Die Einführung der Pille erlebten wir als eine „Befreiung der Frau“, die nach Jahrhunderten der Unterdrückung überhaupt erst im 20. Jahrhundert ihre ersten überfälligen Rechte erlangte.

Was mir jedoch entschieden zu weit ging, war die Art der Behandlung von Andersdenkenden, da hielt ich es lieber mit der Toleranz einer Rosa Luxemburg.

Nein, ich werde nie vergessen – egal wie man politisch zu dem Mann stehen mochte – wie menschenverachtend die Aktivisten der „Roten Zellen“ in München die Vorlesung sprengten, den weißhaarigen Professor Larenz, seinerzeit die Schuldrechts-Instanz in Deutschland, mit Gewalt vom Mikrofon stießen. Wie dieser unduldsame Fanatismus endete, konnten wir dann mit Erschrecken bei der Mordserie der „Roten Armee Fraktion“ besichtigen.

Beim Studium konzentrierte ich mich dann auf die Rechtswissenschaften, weil ich verstehen wollte, wie es sein kann, dass sich selbst ein Unrechtsregime wie der Nationalsozialismus vehement auf sein „Recht und Gesetz“ stützte. Gut fand ich im Nachhinein bei dieser zweistufigen Juristenausbildung mit den beiden Staatsexamina, dass es dazwischen eine zweijährige Referendar-Praxis gab, mit dem Abfassen von richterlichen Urteilen, behördlichen Genehmigungsbescheiden etc. Vorher hatte ich mich nach längerem Überlegen (Verweigerung? Zivildienst?) bewusst für die Ableistung des Wehrdienstes entschieden, um der starken Akademisierung etwas Praktisches entgegenzusetzen wie Fahrschule, Gerätekunde, Funkausbildung etc. Schließlich stellte ich mich mit 26 Jahren als Vorsitzender des Tennisclubs Meitingen zur Wahl, eine Verantwortung, die mir zwei Jahre lang mehr praktische Führungserfahrung einbrachte als jedes Studium.



Geschäftsführung und Consulting



Die Balance zu finden zwischen Theorie und Praxis, Wissenschaft und Umsetzung, Denken und Handeln war es dann auch, die mich im zweiten Block der Berufstätigkeit ständig begleitete. Nach einem Intermezzo in einer Rechtsanwaltskanzlei trat ich in einen kleinen jungen Verlag als juristischer Lektor ein, wo ich innerhalb kürzester Zeit an verantwortlicher Stelle gestalten konnte. Mit einer juristischen Tätigkeit hatte dieser Job herzlich wenig zu tun, denn es ging natürlich um Bedürfnisse von Menschen in Märkten, um Zusammenarbeit in einem leistungsfähigen Team und um Führungserfahrungen in einem neuen Unternehmen der Fachmedien Branche. Das war aus meiner Sicht wesentlich vielfältiger als die Beschränkung auf den Rechtsaspekt, aber der Rechtsanwaltskammer blieb ich trotzdem 40 Jahre lang erhalten.

Die Bücher, die ich als Cheflektor nach vielen Gesprächen mit Fachautoren und Wissenschaftlern herausbrachte, waren thematisch denkbar breit angelegt und reichten von Wirtschafts-, Marketing- und Führungsthemen bis hin zu Arbeits- und Verhandlungstechnik, Rhetorik und Psychologie, Gesundheit und Umwelt. Insbesondere auch der umfassende Ausbau der Richtlinien zum Arbeits-, Sozial-, Gesundheits- und Umweltschutz durch die Regierung ab 1970 nahm in unserem Verlagsprogramm einen hohen Stellenwert ein. 

Als Geschäftsführer der Gesamt-Firmengruppe konnte ich zusammen mit dem Eigentümer das inzwischen europaweit vertretene Unternehmen in die Spitzengruppe der deutschen und europäischen Fachverlags-Landschaft führen. Entscheidend dafür war vor allem die „etwas konzeptionellere Herangehensweise“ als allgemein üblich. Z. B. führte ich bereits in den 1980er Jahren ein innovatives Verfahren zur Produktentwicklung ein, ein Vorläufer des 3×3.

Nach 15 Jahren Führungstätigkeit machte ich mich mit dem FACHMEDIEN INSTITUT selbständig und konnte mich auf das konzentrieren, was mich am meisten interessierte: eben die konzeptionelle Arbeit zur Realisierung von Projekten. Was ich zuvor schon immer professioneller praktizierte, das konnte ich nun als „3×3 Verfahren zur Entwicklung von Verlagsobjekten“ in alleiniger Verantwortung für meine Beratungskunden realisieren.

Das Interessante dabei: die Vielfalt der Geschäftsmodelle im Medien- und Verlagswesen, das kann sich ein Außenstehender kaum vorstellen; und ich hatte eine Riesenfreude an der zunehmenden Ausweitung meines Blickfeldes und der Anwendung des 3×3 in unzähligen Vorträgen, Schulungen und Workshops. Ein Vierteljahrhundert lang durfte ich ab 1990 als Berater, Trainer und Entwickler eine Vielzahl von Fachmedienhäusern in ihrer crossmedialen Medien- und Markenentwicklung bis an die Schwelle der digitalen Transformation begleiten. In dieser Zeit entwickelte sich das 3×3 immer mehr zu einem universellen Markt-, Team- und Beziehungsmodell, das ich auch in anderen Branchen sowie im Coaching einsetzen konnte. Und was noch dazu kam: Durch die unzähligen Moderationen von Workshops mit Branchenexperten, Fachredakteuren und Marketingleuten verschaffte ich mir einen gewissen Einblick in nahezu alle Lebensbereiche, Wirtschaftsbranchen und Fachgebiete. Denn überall gibt es das entsprechende Internet-Fachportal, die führende Fachzeitschrift und den dazugehörigen Fachkongress mit Messeständen, um nur die drei Trägermedien Web, Print und Event kurz anzudeuten; und ich kenne sie fast alle, die meisten auch „von innen“.

 Von diesen breit angelegten Einblicken profitiere ich bis heute, und ich bin meinen Kunden ungeheuer dankbar dafür und halte mit etlichen noch herzlichen Kontakt. Andererseits sollte sich niemand auf ein laienhaftes Halbwissen etwas einbilden. Bei mir führte das eher zu der sokratischen Einsicht: Ich weiß, dass ich nichts weiß. Ein wenig stolz kann ich allenfalls auf die Vielzahl meiner Fachreferate und Fachpublikationen sein, und insbesondere auf meine jahrelange Dozententätigkeit bei der Deutschen Fachpresse.

Bei der Ausbildung der Fachredakteure gab es dort von mir freilich wenig Stromlinienförmiges zu hören, denn mein bedürfnis- und kundenintegrierter Grundansatz unterscheidet sich doch bis heute vom Mainstream mancher Journalisten und Betriebswirtschaftler.



Eigene Familie und andere Kulturen



Schließlich komme ich noch zu Block drei, dem persönlichen Lebensbereich, der bei mir freilich häufig auch verknüpft war mit meinem Beruf. Am meisten Dankbarkeit empfinde ich neben meinen längst verstorbenen Eltern für meine Familie, meine Frau und meine Tochter, die für mich in jeder Lebensphase stets an erster Stelle gestanden sind. Aber ich verdanke auch viel meinen Freunden und Bekannten, ob es nun meine alten Klassenkameraden sind, meine Meitinger Jugendfreunde oder meine Vereinsfreunde vom Tennis. Was mich aber wohl am meisten bereichert hat, das sind meine zahlreichen Studienfahrten zusammen mit meiner Frau. Sie führen uns seit über drei Jahrzehnten in nahe und ferne Länder, in ähnliche und in völlig andere Kulturen. Uns war dabei eine professionelle Begleitung am wichtigsten, und wir fanden die in dem Reiseunternehmen Studiosus mit seinen (fast immer) hervorragenden Reiseführern.

Es muss auch gar kein Nachteil sein, wenn die jeweilige Kunst und Kultur, Geschichte und Lebensweise, Architektur und Literatur sowie das Wirtschafts- und Bildungssystem aus Sicht des jeweiligen Landes kommentiert wird, und man muss auch nicht alles sofort bewerten. Denn am Ende geht es vielleicht – siehe Erich Kästner – mehr um die eigene Lernentwicklung als um eine „objektive“ Einschätzung, die meist ohnehin eine eher eurozentrische Sichtweise darstellt.

Dabei begegneten mir zu meiner Verblüffung Dreiermuster ohne Ende, ob bei den Zoroastriern im alten Persien oder bei Konfuzius oder Laotse in China oder Japan, ob in der alten oder der modernen Sprache, Kultur und Architektur, ob in uralten oder hochmodernen Öko-, Bildungs- oder Wirtschaftssystemen, ob in östlichen oder in westlichen Kulturen oder ob in den monotheistischen oder den polytheistischen Religionen. Man muss dabei nur gehörig aufpassen, und zwar nicht nur auf die Länderexperten, sondern vor allen Dingen auch auf sich selbst; denn „Man sieht nur was man weiß“, so die Mahnung an mich selbst – Sie verstehen schon….